Monday, September 01, 2008

Unsportliches ...

Vieles was auf Fußballplätzen geschieht findet Eingang in die Medien, Tore, Torschützen, aus- und eingewechselte Spieler, Stadionathmosphäre, O-Töne der Protagonisten, all das macht die Sportberichterstattung aus. Doch wenn sich auf den Rängen organisierte Neo-Nazis rumtreiben und das Stadion als Bühne für ihre rechtsextremen Propaganda nutzen, tun sich die Medien oftmals schwer. Doch da sind sie nicht alleine Verbandsfunktionäre, Fangruppen bis hin zu Ordnern scheinen überfordert bzw. nicht geschult oder vielleicht nehmen einige dieses Problem gar nicht als solches war.

All dies macht ein Konglomerat welches die Organisierten Neo-Nazis nutzen und die Unsicherheit der Beteiligten Personen ausnutzen. Als Beispiel dient uns heute der Auftritt Türkiyemspor in Chemnitz beim Chemnitzer FC. Wie so oft bei unserem Verein ein Drama in mehreren Akten, bei dem auch Fußball gespielt wurde.

Juni 2008 Türkiyemspor Berlin und der Chemnitzer FC steigen beide in die neu geschaffene Regionalliga Nord auf

Juli 2008 Der DFB beschließt auf seiner Sicherheitstagung, das manche Partien der Regionalliga Nord Spiele mit besonderem Sicherheitsrisiko sind. Leider trifft es auch den Verein Türkiyemspor. Sieben Spiele mit Beteiligung von Türkiyemspor wurde als Risiko-Spiele eingestuft. Darunter sechs Partien gegen Teams aus dem Osten der Republik. Die betreffenden Spiele:

30.08.2008 Chemnitzer FC- Türkiyemspor
04.10.2008 Hallescher FC-Türkiyemspor
01.11.2008 VFC Plauen-Türkiyemspor
08.11.2008 Türkiyemspor - Sachsen Leipzig
15.11.2008 VFB Lübeck- Türkiyemspor
29.11.2008 1. FC Magdeburg:Türkiyemspor
06.12 Türkiyem:Cottbus II




Dies bedeutet, das bei all diesen Spielen ein erhöhter Sicherheitsbedarf besteht und die Gastgebervereine dementsprechende Maßnahmen zu ergreifen haben.

Juli 2008 Der Förderverein Türkiyemspor beschließt Prominente aus Sport, Kultur und Politik zu bitten Türkiyemspor bei diesen Risikospielen zu begleiten und somit auch für einen öffentlichen Schutz des Vereins zu sorgen. Ein weiterer Hintergrund ist, das Türkiyemspor in seiner Vergangenheit des öfteren Zielscheibe von rassistischen Angriffen wurde, jedoch bei der Veröffentlichung dieser, zumeist nicht Ernst genommen, die Ereignisse verharmlost wurden oder als “Nestbeschmutzer” angesehen wurde.

29.8.08 Berlins Integrationsbeauftragter, Günter Piening, und der Lesben- und Schwulenverband Deutschland Berlin-Brandenburg (LSVD) kündigen öffentlich an, das sie Türkiyemspor bei ihrem ersten Risikospiel am 31.8.08 in Chemnitz begleiten werden und eventuelle Vorfälle protokollieren werden.

30.8.08 In verschiedenen Fan-Foren des Chemnitzer FC werden die Ankündigungen negativ bewertet. Die Beobachter seien voreingenommen und würden sich ihre Vorfälle schon herbeischreiben. Einzelne User rufen die Fans auf, den Beobachtern keinen Grund zu liefern und rassistische Propaganda zu unterlassen.




31.8.08 Türkiyemspor spielt in Chemnitz gegen den Chemnitzer FC und gewinnt mit 2:1.
Während des gesamten Spiels wurden von verschiedenen Stellen im Stadion eindeutige rassistische und volksverhetzende Parolen gerufen. “Berlin bleibt deutsch, Deutschland den Deutschen – Ausländer Raus“, etc. . Ein Lied der verbotenen rechtsextremen Band “Landser” welches Türkiyemspor difamiert wurde mehrmals lautstark gegröhlt. Besonders hervor tat sich ein organisierter Block von über 50 Personen, die ungehindert in eigens für dieses Spiel angefertigten T-Shirts (auf denen Fragmente des “Landser” Stückes aufgedruckt waren), die Parolen brüllen konnten, als auch mit den besagten T-Shirts das Stadion betreten konnten. Einzig das Aufhängen des Transparent der Hooligan-Gruppe “Hoonara” wurde ihnen untersagt, nachdem sie es während der ersten Spielminuten aufhingen. Hoonara ist eine rechtsextreme Hooligangruppe, deren Gründer bis zu einem Interview in der Jungle World dieses jahres sogar den Sicherheitsdienst beim Chemnitzer FC stellte. http://jungle-world.com/artikel/2008/18/21714.html

Der Stadionsprecher des CFC bemühte sich erst dann zu einer Durchsage als mehrmals “Juden Berlin” angestimmt wurde. Die besagte Parole wurde dann durch andere ersetzt. Der Ordnerdienst und die Polizei schritten zu keiner Zeit gegen die offen zur Schau gestellte rechtsextremen Provokationen ein.
Es fällt auf, das sich während der gesamten Spielzeit niemand von den organisierten rechtsextremen distanziert und Stellung bezieht, die Gruppe mit den roten T-Shirts stand auch nicht vereinzelt sondern in einem gut gefüllten Block und in Gemeinschaft mit Fans die nicht die rote-T-Shirt Uniform trugen.



31.8.08 In diversen Internetforen des Chemnitzer FCs diskutieren Fans das Geschehen auf den Rängen. Ein Großteil der geäußerten Meinungen wendet sich gegen die rechtsextremen Parolen, aber auch gegen das Schweigen der Mehrheit und die Nicht-Reaktion des Vereins. Einige User betonen jedoch die Gemeinschaft von allen Fans und forden auf diese Gruppe nicht auszugrenzen.

31.8.08 Der TV-Sender MDR berichtet in einem über 5 Minuten Beitrag über die Begegnung Chemnitzer FC - Türkiyemspor und obwohl auch während des Beitrages einmal das Landser-Stück von Fans intoniert zu hören war, schweigt der Kommentator und erwähnt das unsportliche mit keinem einzigen Wort. Auch in anderen Medienbeiträgen “kanal 8”, “sachsen-fernsehen” wird dies von den journalistischen Kollegen unterschlagen.

1.9.08 In einem Interview mit Sachsen-Fernsehen (Video) äußert sich Ronny Licht von der Fangruppe UC ´99 zu den rechtsextremen Entgleisungen einiger Fans und macht indirekt Günter Piening und seine öffentliche Ankündigung des Besuchs beim Spiel als Verursacher für das starke Auftreten der Rechtsextremen aus. http://www.sachsen-fernsehen.de/default.aspx?ID=1751&showNews=271465

1.9.08 Der LSVD Berlin-Brandenburg veröffentlich ein Protokoll der Erlebnisse vom 31.8.08 in Chemnitz (Nachtrag der LSVD ergänzt am 2.9.08 sein Protokoll u.a. mit dem Zusatz das der Großteil der CFC Fans friedlich war.der Link zum ergänzten Protokoll hier http://www.berlin.lsvd.de/cms/files/lsvd_spielebeobachterinnen_protokoll_080831.pdf
2.9.08 Die Veröffentlichung dieses Textes hier ist Auslöser für Diskussionen in verschiedenen Fan-Foren. Tenor schwankt. Von manchen Fans werden Maßnahmen gefordert gegen rechtsextreme Umtriebe, manche Fans sehen diese Veröffentlichung als Hetze an.

Nachtrag:

2.9. Frank Willman, der Haus- und Hofautor des BFC Dynamos, beschäftigt sich in der Kolumne “Aus den Unterklassen” in der Tageszeitung “Junge Welt“ mit dem Chemnitzer FC, dem Spiel und dem Drumherum.

3.9.08 Der mdr veröffentlicht auf seiner Webpage, drei Tage nach dem Spiel (sic!), einen Artikel in dem es in der Einleitung vorsichtig heißt:” … hat es offenbar auch bei einem Fußballspiel in Chemnitz am Wochenende fremdenfeindliche Aktionen gegeben. …. soll eine Gruppe von Besuchern rechtsradikale Lieder gegrölt und mit speziellen T-Shirts die Berliner provoziert haben.http://www.mdr.de/sport/fussball_rl/5742510.html

Zur Erinnerung: Der mdr ist am Spieltag der einzige TV-Sender gewesen, der vor Ort war und mit mehreren Kameras vor dem Spiel, während und nachdem Spiel filmte. So müssten mehrere Stunden Material zusammengekommen sein. In einem Spielbericht der am Sonntag vom mdr veröffentlicht wurde, wurde mit keinem Wort auf solche Parolen eingegangen, obwohl während des geschnittenen Berichtes sogar einmal das angesprochene Landser Lied im Hintergrund zu hören ist.
Wir empfehlen dem mdr, da er ja anscheinend nicht überzeugt ist von den Anwürfen doch einmal das vom eigenen Sender gefilmte Rohmaterial zu sichten.
Interessant auch, wie der Sender mit seiner, eilends - drei Tage nachdem Spiel veröffentlichten Meldung umgeht. Der Text ist so brandaktuell, das in der Hektik auch schon mal Fehler unterlaufen dürfen. So wird u.a. in der Erstveröffentlichung des Berichts von einer "Hooligan-Verbindung Honora" gesprochen, das war wohl falsch und es wurde geändert in "Hooligan-Verbindung Hoonora".
Fremdenfeindliche Provokationen auch in Chemnitz?” heißt es noch fragend in der Überschrift der Erstveröffentlichung, das Fragezeichen ist inzwischen weg, ebenso wie der Hinweis, über " ein Banner mit dem auf den ersten Blick harmlosen Hinweis auf „Erika Krause“. Doch die ehemalige DDR-Expertin für Gartenarbeit stünde bei Rechtsextremen als Chiffre für Fremdenfeindlichkeit." . Nach Aufklärung durch verwirrte und entrüstete Chemnitzer Fußballfans, hat der mdr diesen offensichtlichen Humbug ebenfalls entfernt. Auch die Behauptung die roten T-Shirts seien erst im Stadion zur zweiten Spielhälfte angezogen worden, wird von anwesenden Fans beider Seiten (Chemnitz und Türkiyem) bestritten. In der Eile und am Ende einer langen Recherche-Arbeit können dann schon einmal auch die Zuständigkeiten der Verbände durcheinander gebracht werden, aber das der NOFV für die Regionalliga verantwortlich wäre ist uns dann wirklich neu.

Wir laden die gutbezahlten mdr-Journalisten, noch einmal ein, ihre Bänder zu sichten, da werden sie vielleicht sehen wie die HOOligans-NAzis-RAssisten sich abkürzen. Wenn euch das zuviel ist liebe mdr-Journalisten, dann reicht auch ein Blick in diesen Blog.

3.9.08 Der Verein Chemnitzer FC distanziert sich, in einer am Mittwochabend verbreiteten Erklärung, von fremdenfeindlichen Provokationen, die während des Spiels Chemnitzer FC vs. Türkiyemspor gefallen sind. Staatsanwaltschaft und Polizei sind eingeschaltet. Laut Mitteilung des Vereins, sollen die rechtsextrem auffällig gewordenen zu einem großen Teil aus zugereisten Personen bestanden haben.
http://www.chemnitzerfc.de/cfc/menu-links/aktuell/neuigkeiten/detailansicht/article/19/zu-vorwuerfen-fremde.html?cHash=081e9bc24b

Nachtrag

3.9. Der MDR bringt in seiner Sendung "Sachsenspiegel" und "MDR aktuell" (ja, die Sendung heisst wirklich aktuell) vier Tage nach dem Spiel einen kurzen Bericht, der rechtsextreme Ausfälle einer kleinen Gruppe beim Spiel CFC vs. TS thematisiert. In dem kurzen Bericht, wird über HooNaRa- Rufe im Stadion berichtet und ein Polizeisprecher kommt zu Wort, der Untersuchungen in verschiedenen Richtungen ankündigt. Die im Bericht zu hörenden Parolen "Berlin bleibt Deutsch" und "Ostdeutschland, Naziland" werden im Bericht nicht erwähnt, ebenso wenig wie weitere Vorkommnisse. Uns erinnert dieser Bericht doch stark an Presseerklärungen einzelner Politiker, die in Skandale verstrickt, jeden Tag gerade soviel zugeben wie gerade sowieso an die Öffentlichkeit gelangt ist. Ihttp://www.mdr.de/sachsenspiegel/5745768.html
Gleichzeitig arbeiteten die Schreibexperten des MDR am weiteren Feinschliff des gestern online gegangenen Text-Berichts zu den Vorfällen. Natürlich wurde auch heute geändert und gelöscht. Die o.g. konjunktiv-geschwängerte Einleitung ist inzwischen verschwunden, genauso wie der Absatz zu HooNaRa oder der Gruppe die der MDR verortete. Ebenso kommentarlos verschwunden ist der Zusatz, das der NOFV für die Regionalliga verantwortlich sei. Stattdessen weist der MDR in der neuen Einleitung des Berichts daraufhin, das der DFB nun eine Stellungnahme des Chemnitzer FC angefordert hat.
Nicht gelöscht ist bisher u.a. die Behauptung, das nach Aussagen des Berliner Integrationssenators Günter Piening, die Roten-T-Shirts ins Stadion geschmuggelt wurden und erst zur zweiten Spielhälfte übergezogen seien wären. (Der Zeitstempel unterhalb des Berichtes der die letzte Änderung des online-Textes jedem/r LeserIn augenscheinlich machen soll, steht weiter auf "Zuletzt aktualisiert: 03. September 2008, 17:44 Uhr". Jetzt schreiben wir den 4.9.08 und es ist 22.45, wer weiß es, wieviel Änderungen in dem mdr-Bericht haben wir bis jetzt nachgewiesen, die den LeserInnen seit gestern verschwiegen werden ? http://www.mdr.de/sport/fussball_rl/5742510.html

Schocken konnten uns die Journalistischen- Profis heute jedoch nicht mehr, denn die Schlagzeile der Kollegen von Radio Chemnitz auf der Radio eigenen Website machte uns erstmal sprachlos "Ermittlungen nach CFC-Spiel gegen Türkiyemspor Berlin". Wir beruhigten uns erst als wir den Rest der Meldung lasen, ... Tja, Radio Chemnitz,- Sprache kann gemein sein.

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