Unser tiefstes Beileid gehört den Hinterbliebenen dieser feigen Mordanschläge eines mutmaßlichen Neonazis und christlichen Fundamentalisten in Norwegen. Wir bedauern ausdrücklich, dass sich auf so traurige Art und Weise bestätigt hat, wohin das Schüren von Hass, Ängsten und Vorurteilen, wie es Rechtspopulist_innen und Rassist_innen betreiben, am Ende führen kann. Wer einen „Kampf der Kulturen“ konstruiert und ausruft, um die Gesellschaft zu polarisieren, zu spalten und gegeneinander aufzuhetzen, ist für die Opfer mit verantwortlich!
Inzwischen teilte lt. Berliner Morgenpost die schwedische Organisation Expo mit, dass der Täter seit 2009 in dem Internet-Forum für Neonazis "Nordisk“ aktiv war. Vorher soll er von 1999 bis 2006 Mitglied der rechtspopulistischen Fortschrittspartei (FrP) und ihrer Jugendbewegung FpU gewesen sein. Bei letzterer zwischen 2002 und 2004 in verantwortlicher Stellung. Carl Hagen, bis 2006 Vorsitzender dieser rassistischen Partei, hatte lt. dem Tagesspiegel den Islam immer wieder mit der Nazi-Diktatur verglichen und Muslim_innen vorgeworfen, sie wollten die Welt erobern. Dass der vermeintliche Täter den niederländischen Rassisten Geert Wilders in Internetforen ausdrücklich gelobt haben soll, verwundert bei den inhaltlichen Überschneidungen nicht. Auch nicht, dass sich sein Hass gegen die, für eine angebliche „Islamisierung“ und „Multi- Kulti- Gesellschaft“ als politisch Verantwortliche gebrandmarkten, richtete.
Rechtspopulistische und rassistische Parteien in Deutschland üben sich derweil oder gerade deshalb neben ihren Beileidsbekundungen gleich in Rechtfertigungsstrategien. Hier soll scheinbar lediglich jeder mögliche Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu einer rechtspopulistischen Partei, Rassismus, dem Feinbild „Islam“ und einer daraus resultierenden Motivation für diese Anschläge mit über 90 Opfern darunter mindestens 87 tote Jugendliche der Jugendorganisation der Arbeiterpartei, AUF (Arbeidernes Ungdomsfylking) von vorneherein ausgeschlossen werden. Das lt. Nachrichtenagentur NTB im Vorfeld der Anschläge wahrscheinlich durch den Täter veröffentliche Manifest beinhaltet im Titel aber nicht nur das Label Freiheit, sondern auch im Text weitere inhaltliche Überschneidungen mit Argumentationsmustern und Forderungen von Rechtspopulist_innen. Dass diese Rechtspopulist_innen in der Grauzone zwischen der sogenannten Mitte der Gesellschaft und den Neonazis agieren, einige selbst angeblich geläuterte Neonazis sind und ihr Rassismus durchaus eine Brückenfunktion übernehmen kann, ist nicht neu. Ebenso wenig ihr vehementer Versuch den Rassismusvorwurf loszuwerden und Rassismus ganz im Sinne der umstrittenen Extremismustheorie den angeblich extremen Rändern zuzuschreiben, von denen sie sich ständig abzugrenzen versuchen, um sich einen demokratischen Anstrich zu verleihen. Dies gelingt Ihnen trotz der Hilfe von Thilo Sarrazin sowie den Legalisierungsversuchen von Rassismus unter dem Deckmantel von „Meinungsfreiheit“ durch weitere Vertreter_innen aus Politik, Medien und Gesellschaft nur mit mäßigem Erfolg. Schon „vielversprechender“ erscheint hier dann der Versuch einen geistig verwirrten Einzelgänger zu konstruieren, der von jeglicher politischer Motivation oder einem gesamtgesellschaftlichen Problem ablenken kann.
Das „Pro Deutschland“ dann aber zudem auf dem Rücken der Opfer dieses Anschlages Wahlkampf betreibt und unter der Überschrift, die auch als Drohung aufgefasst werden könnte: „Heute Oslo – morgen Berlin?“ weiterhin Ängste schürt, um sich selbst als Hüter von Freiheit, Recht und Ordnung in Szene zu setzen, ist infam und schäbig, zeigt aber ihr scheinbares tatsächliches „Interesse“. Der Verharmlosung eines Blutbades an mindestens 90 Menschen wegen ihrer politischen Orientierung in Oslo durch einen mutmaßlichen Neonazi durch die Gleichsetzung mit Sachbeschädigungen in Berlin, setzen wir entschiedenen Protest entgegen. Auch daraus entsteht jenes Klima des Hasses, der Angst und Unsicherheit, dass u.a. „Pro Deutschland“ für seine Wahlkampfstrategie benötigt und den Nährboden für solche Anschläge bilden kann.
Der Beitrag, den auch hier bestimmte Vertreter_innen von Politik, Gesellschaft und Medien leisteten, die ähnlich wie das rassistische Webportal „politically incorrect“ vor Bekanntgabe erster sicherer Erkenntnisse schon mal ausführlich über einen möglichen islamistischen Hintergrund und Gefahren für Deutschland spekulierten, ist nicht minder zu kritisieren. Auch sie verbreiten nur Panik und Angst, die wiederum nur benutzt werden können oder sollen, um den Sicherheits- und Überwachungsstaat auszubauen und die Freiheit und Bürger_innenrechte weiter einzuschränken. Das ist nicht hinnehmbar und verhöhnt die Opfer, die Menschen unabhängig von ihrer Herkunft oder Religion mit Respekt begegneten und deshalb ermordet wurden.
Bündnis "Rechtspopulismus stoppen"