Aus den Unterklassen. Ins Schwarze getroffen.Von Gabriele Damtew
Alle Jahre wieder gibt die Berliner Oberliga den Klassiker BFC Türkiyemspor versus BFC Dynamo. Einer, der noch andere Zeiten im Katzbachstadion erleben durfte, wurde vor Spielbeginn von seinen Klubkameraden gewürdigt. Ayhan Akca, der mithalf, Türkiyem in den 80ern und frühen 90ern großzumachen und kürzlich zu früh mit 42 Jahren an Krebs verstarb.
Dann ging es los. Wie in einer Seifenoper waren die Rollen von Gut und Böse auf dem Kreuzberg von je her verteilt und abgesprochen. Auf der einen Seite das heutzutage fast bis zur Magersucht abgespeckte Häuflein der Türkiyem-Fans, die gegengerade dagegen fett gefüllt mit viermal sovielen skandierenden BFC-Anhängern und denen ihnen proportional zugeordneten Schutzmännern.
Die BFCer sind ein harter Haufen, weiß man, auch ohne das im Spiegel schwarz auf weiß gelesen zu haben. Da das wahre Leben aber liebend gern mit der Palette von Grautönen spielt, ist die Partie live immer wieder spannend. Zumal auf der Webseite des BFC klare Regieanweisungen gegeben worden war, wer im Katzbachstadion in welcher Uniform und mit welchen Sprüchen unerwünscht wäre. So blieben auch die Vollidioten fern. Die Masse an Polizisten schob da eine ruhige Kugel bei schönstem Sonntagswetter.
Türkiyem und die hauseigene Kapelle spielten von Anfang an auf. Die Dynamos blieben so brav, daß der Schöngeist unter den BFC-Fans auf dem Saxophon schon die Heiligen einmarschieren ließ. Was halfs? Türkiyem war agiler, aber zu selbstverliebt in den Ball. Da stehen die Chancen auf die Meisterschaft im Vertändeln recht gut. So dödelten beide Mannschaften dahin, zuweilen angriffslustig, aber sich gegenseitig in ihren Spielzügen vorherahnend. Noch langweiliger als das Match selbst die ewige Ansage über eintrudelnde Logengäste von Europaparlament bis Fußballverband, die niemand kannte oder wollte.
Zu sang- und klanglos wollte die Partie dann aber doch nicht über die Bühne gehen, man war dem Publikum nach 85 belanglosen Minuten noch was schuldig. Ganz blaß bislang die Vorstellung des Schiedsrichters und das vor den Augen von Prof. Dr. Dr. vom Schiri-Ausschuß! Warum dann nicht mal zur Abwechslung ein Elfmeter für Türkiyem? Daraufhin machte BFC-Trainer Volkan Uluc, genannt Vulkan, seinem Kosenamen alle Ehre und kickte ein Absperrhütchen Richtung Strafraum, traf aber nicht, sondern streifte nur die Mittellinie. Was sollen da bitteschön die Spieler von ihm lernen können? Auch der Schiri war von dem Schuß schwer enttäuscht und verbannte den allzu dynamischen Drama King nach diesem Auftritt für den Rest der Partie auf die Ränge. Dann konnte der Strafstoß ausgeführt werden, den das erregte Stadion stehenden Fußes ins Netz krachen sah. Führung für Türkiyemspor, verdient ja, aber auch gerecht? Doch gleich in der Nachspielzeit gelang durch einen krassen Abwehrfehler dem BFC der Ausgleich. Ein Schuß - ein Tor - Dynamo, jubelten die Anhänger und hatten damit so ziemlich ins Schwarze getroffen. Als Zugabe noch Rot für Türkiyem.
4.9.07 "junge Welt" Seite 16 -- Ressort Sport